Transparenz: Was unser BFSG-Compliance-Checker prüft

Überblick

Unser Compliance-Checker analysiert Websites automatisiert auf Barrierefreiheit gemäß den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 Level AA - dem vom BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) geforderten Standard. Diese Dokumentation erklärt, welche technischen Aspekte geprüft werden und warum sie für Menschen mit Behinderungen entscheidend sind.

⚠️ Wichtiger Hinweis zum Prüfungsumfang:
Unser Tool analysiert ausschließlich die Startseite (Index-Seite) einer Website. Unterseiten werden nicht automatisch geprüft. Für eine vollständige BFSG-Compliance müssen alle relevanten Unterseiten separat getestet werden. Dies ist eine bewusste Entscheidung, um die Serverbelastung zu begrenzen und schnelle Ergebnisse zu liefern.

Die vier WCAG-Prinzipien im BFSG-Kontext

1. Wahrnehmbar (Perceivable)

Menschen mit Behinderungen müssen Inhalte wahrnehmen können.

1.1.1 Alternative Texte für Bilder

Was wird geprüft:

  • Alle <img>-Elemente auf fehlende alt-Attribute
  • Dekorative Bilder werden automatisch erkannt und ausgenommen

Warum ist das wichtig: Blinde und sehbehinderte Menschen nutzen Screenreader, die Bilder nicht "sehen" können. Der Alt-Text wird vom Screenreader vorgelesen und beschreibt den Inhalt oder die Funktion des Bildes. Ohne Alt-Text geht wichtige Information verloren.

BFSG-Relevanz: Fehlende Alt-Texte sind eine der häufigsten Barrieren und können zu rechtlichen Konsequenzen führen, da sie grundlegende Informationszugänglichkeit verhindern.

Beispiel:

<!-- Problematisch -->
<img src="diagramm.jpg">

<!-- Korrekt -->
<img src="diagramm.jpg" alt="Verkaufszahlen 2024: 40% Anstieg im Vergleich zum Vorjahr">

1.4.3 Farbkontrast

Was wird geprüft:

  • Kontrastverhältnis zwischen Text und Hintergrund
  • Mindestanforderung: 4,5:1 für normalen Text, 3:1 für großen Text

Warum ist das wichtig: Menschen mit Sehbehinderungen, Farbenblindheit oder älteren Nutzern fällt es schwer, schwach kontrastierte Texte zu lesen. Ausreichender Kontrast stellt sicher, dass Inhalte für alle lesbar sind.

BFSG-Relevanz: Schlechter Kontrast kann ganze Websitebereiche unzugänglich machen und verstößt gegen grundlegende Barrierefreiheitsanforderungen.

1.4.4 Textvergrößerung

Was wird geprüft:

  • Viewport-Meta-Tags, die Zooming verhindern (user-scalable=no, maximum-scale=1)

Warum ist das wichtig: Sehbehinderte Menschen müssen Texte oft um 200% oder mehr vergrößern können. Wenn das Zooming blockiert wird, wird die Website für diese Nutzer unbrauchbar.

BFSG-Relevanz: Das Verhindern von Textvergrößerung ist ein direkter Verstoß gegen Barrierefreiheitsrichtlinien.

2. Bedienbar (Operable)

Benutzeroberflächen müssen für alle bedienbar sein.

2.1.1 Tastaturzugänglichkeit

Was wird geprüft:

  • Negative tabindex-Werte, die Tastaturnavigation stören
  • Interaktive Elemente ohne korrekte Fokusreihenfolge

Warum ist das wichtig: Menschen mit motorischen Behinderungen oder Blindenführhunde nutzen oft nur die Tastatur. Sie müssen alle interaktiven Elemente erreichen und bedienen können.

BFSG-Relevanz: Eine nicht-tastaturzugängliche Website schließt eine große Gruppe von Menschen aus und verstößt gegen Gleichberechtigungsgebote.

Beispiel:

<!-- Problematisch: Element ist per Tastatur nicht erreichbar -->
<div onclick="doSomething()" tabindex="-1">Klick mich</div>

<!-- Korrekt: Fokussierbar und semantisch korrekt -->
<button onclick="doSomething()">Klick mich</button>

2.4.1 Bereiche überspringen (Skip-Links)

Was wird geprüft:

  • Vorhandensein von Skip-Links zu Hauptinhalten

Warum ist das wichtig: Tastaturnutzer müssen sonst durch alle Navigationselemente "tabben", bevor sie zum Hauptinhalt gelangen - bei jeder Seite erneut.

BFSG-Relevanz: Skip-Links verbessern die Effizienz erheblich und sind Best Practice für Barrierefreiheit.

2.4.2 Aussagekräftige Seitentitel

Was wird geprüft:

  • Vorhandensein und Aussagekraft von <title>-Elementen

Warum ist das wichtig: Screenreader lesen den Seitentitel zuerst vor. Er hilft Nutzern zu verstehen, wo sie sich befinden und was sie erwarten können.

BFSG-Relevanz: Fehlende oder generische Titel erschweren die Navigation erheblich.

3. Verständlich (Understandable)

Informationen und Bedienung müssen verständlich sein.

3.1.1 Sprache der Seite

Was wird geprüft:

  • lang-Attribut am <html>-Element

Warum ist das wichtig: Screenreader benötigen die Sprachdeklaration, um Text korrekt auszusprechen. Ohne diese Information werden deutsche Texte möglicherweise englisch vorgelesen und sind unverständlich.

BFSG-Relevanz: Falsche Aussprache macht Inhalte für blinde Menschen unverständlich.

Beispiel:

<!-- Korrekt für deutsche Inhalte -->
<html lang="de">

3.2.2 Eingabe ohne unerwartete Kontextänderungen

Was wird geprüft:

  • Formulare, die sich automatisch beim Ausfüllen absenden

Warum ist das wichtig: Unerwartete Aktionen verwirren besonders Menschen mit kognitiven Behinderungen oder Screenreader-Nutzer.

3.3.2 Beschriftungen für Formulareingaben

Was wird geprüft:

  • Alle Eingabefelder auf zugehörige Labels
  • Verknüpfung durch for-Attribut oder aria-label

Warum ist das wichtig: Ohne Labels verstehen Screenreader-Nutzer nicht, was sie eingeben sollen. Labels ermöglichen auch größere Klickflächen.

BFSG-Relevanz: Unbeschriftete Formulare sind oft vollständig unbrauchbar für Menschen mit Behinderungen.

Beispiel:

<!-- Problematisch: Screenreader kann Label nicht zuordnen -->
<span>Name:</span>
<input type="text">

<!-- Korrekt: Eindeutige Verknüpfung -->
<label for="name">Name:</label>
<input type="text" id="name">

4. Robust (Robust)

Inhalte müssen robust genug sein, um von verschiedenen Hilfstechnologien interpretiert zu werden.

4.1.1 HTML-Validität

Was wird geprüft:

  • Doppelte IDs (jede ID muss eindeutig sein)
  • Grundlegende HTML-Strukturfehler

Warum ist das wichtig: Hilfstechnologien wie Screenreader sind auf korrekten HTML-Code angewiesen. Strukturfehler können zu Funktionsausfällen oder Verwirrung führen.

BFSG-Relevanz: Invalider Code kann assistive Technologien zum Absturz bringen oder unvorhersagbares Verhalten verursachen.

4.1.2 Name, Rolle, Wert

Was wird geprüft:

  • Buttons ohne erkennbaren Text
  • Links ohne beschreibenden Text
  • Interaktive Elemente ohne zugängliche Namen

Warum ist das wichtig: Screenreader müssen Nutzern mitteilen können, was ein Element ist (Rolle), wie es heißt (Name) und in welchem Zustand es sich befindet (Wert).

BFSG-Relevanz: Unbenannte Bedienelemente sind für assistive Technologien unsichtbar oder unverständlich.

Beispiel:

<!-- Problematisch: Screenreader kann nur "Button" ansagen -->
<button><i class="icon-save"></i></button>

<!-- Korrekt: Screenreader kann "Speichern Button" ansagen -->
<button aria-label="Speichern"><i class="icon-save"></i></button>

Bewertungssystem

Unser Checker verwendet ein gewichtetes Bewertungssystem basierend auf den vier WCAG-Prinzipien:

  • Jedes Prinzip: Maximal 25 Punkte
  • Gesamtscore: 0-100 Punkte
  • Schweregrad-basierte Abzüge:
    • Kritisch (high): 4-6 Punkte Abzug
    • Medium: 2-3 Punkte Abzug
    • Niedrig: 1 Punkt Abzug

Interpretation der Ergebnisse

  • 85-100 Punkte: Gute Barrierefreiheit, BFSG-konform
  • 60-84 Punkte: Verbesserungsbedarf, mögliche rechtliche Risiken
  • 0-59 Punkte: Kritische Mängel, hohes rechtliches Risiko

Grenzen der automatisierten Prüfung

Was unser Checker NICHT prüft:

  • Semantische Korrektheit von Alt-Texten (nur Vorhandensein)
  • Tatsächliche Farbkontraste (nur strukturelle Prüfung)
  • Keyboard-Fallen (erfordert Browser-Automatisierung)
  • Zeitbasierte Medien (Videos, Audio)
  • Komplexe Interaktionen und Workflows

Empfehlung: Automatisierte Tools decken nur etwa 30-40% aller Barrierefreiheitsprobleme ab. Für vollständige BFSG-Konformität sind zusätzlich manuelle Tests und Nutzertests mit Menschen mit Behinderungen erforderlich.

Rechtlicher Kontext

Das BFSG tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und macht WCAG 2.1 Level AA für viele Unternehmen verpflichtend. Verstöße können mit bis zu 100.000 € Bußgeld geahndet werden.

Unser Checker hilft dabei:

  • Risiken frühzeitig zu erkennen
  • Entwicklern konkrete Handlungsempfehlungen zu geben
  • Den Umsetzungsstand zu dokumentieren

Er ersetzt aber nicht die professionelle Beratung durch Barrierefreiheits-Experten oder umfassende manuelle Tests.


Diese Dokumentation wird regelmäßig aktualisiert, um neue Prüfungen und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

Jetzt Website kostenlos testen

Nutzen Sie unser transparentes Tool zur BFSG-Compliance-Prüfung und erhalten Sie detaillierte Empfehlungen für die Barrierefreiheit Ihrer Website.

Website jetzt testen